38 Jahre Unterdrückung der Medien im Iran

Reporter ohne Grenzen: 38 Jahre Unterdrückung der Medien im Iran

„In den vergangenen 38 Jahren hat die Verfolgung von Journalisten im Iran nie aufgehört. Lediglich die Methoden, mit denen man sie zum Schweigen bringt, haben sich weiterentwickelt. Der Iran ist heute eines der größten Gefängnisse der Welt für Medienvertreter. … Inhaftierung ist nicht die einzige Methode, um Journalisten zum Schweigen zu bringen. Zu den verschiedenen Strafen, die Richtern im Iran zur Verfügung stehen, zählen Auspeitschung, Steinigung, Folter und Tod.“

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Protestaktion von Reporter ohne Grenzen in Paris

Anlässlich des 38. Jahrestages der Machtübernahme des islamistischen Regimes im Iran hat die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) auf die anhaltende Unterdrückung der Medienfreiheit in diesem Land aufmerksam gemacht. Die Medienfreiheit, so ROG, sei eine der zentralen Forderungen der Revolution gewesen, die im Februar 1979 zum Sturz des Schahs führte. „Doch dies war ein Versprechen, das niemals eingehalten wurde, und der Iran ist heute eines der größten Gefängnisse der Welt für Medienvertreter. Insgesamt 29 Journalisten und Laienjournalisten befinden sich derzeit in Haft.“ In den vergangenen 38 Jahren habe die Verfolgung von Journalisten im Iran nie aufgehört. Lediglich die Methoden, mit denen man sie zum Schweigen bringt, hätten sich weiterentwickelt.

In einer Pressemitteilung von Reporter ohne Grenzen vom 9. Februar heißt es u.a.:

Die ersten zehn Jahre der Revolution waren gekennzeichnet durch Verhaftungswellen und die Hinrichtung mehrerer Journalisten, die das Schah-Regime unterstützt hatten, darunter Ali Asgar Amirani, Simon Farzami und Nasrollah Arman. Es folgten der Tod der linksgerichteten Journalisten Said Soltanpour und Rahman Hatefi-Monfared.

Nach den offiziellen Hinrichtungen der „dunklen Jahre“ wurden außergerichtliche Hinrichtungen eingesetzt, um Journalisten auszuschalten. Ende 1998 gab es eine Serie von Morden. Man fand die Leiche des Journalisten und Herausgebers Ebrahim Zalzadeh mit 15 Stichwunden. Kalium wurde benutzt, um Majid Charif zu ermorden, einen Journalisten der Zeitschrift Iran-e-Farda. Die Journalisten und Autoren Mohammad Mokhtari und Mohamad Jafar Pouyandeh wurden erdrosselt. Die Leiche von Pirouz Davani, Herausgeber einer Zeitung, der 1997 entführt worden war, wurde nie gefunden.

Journalisten langsam sterben lassen

Das iranische Regime, so Reporter ohne Grenzen, hat in den vergangenen 15 Jahren eine andere Strategie verfolgt, die weniger sichtbar, aber keineswegs weniger effektiv ist, was die Einschränkung der Informationsfreiheit angeht. Indem Journalisten über Jahre hinweg inhaftiert werden, wobei sie Folter, Misshandlung und Verweigerung ärztlicher Versorgung ausgesetzt sind, lässt das Regime sie langsam sterben.

Der Blogger Sattar Beheshti wurde im Hauptquartier der FTA (der Cyber-Polizei des Regimes) im Jahr 2012 zu Tode gefoltert, weil er es gewagt hatte, das Regime auf Facebook zu kritisieren.

Die Fotojournalistin Zahra Kazemi und der junge Blogger Omidreza Mirsayafi starben ebenfalls infolge von Misshandlungen in der Haft. Verhaftete Journalisten haben oft ihr eigenes Leben riskiert, indem sie in den Hungerstreik gingen, um gegen die Haftbedingungen oder gegen den Tod ihrer ebenfalls inhaftierten Journalistenkollegen zu protestieren. Zu ihnen gehört Hoda Saber, Autor bei Iran-e-Farda, der 2011 im Gefängnis starb.

Willkürliche Verhaftungen

Im Vorfeld des Jahrestages der Revolution in diesem Jahr wurde es für die Journalisten nicht einfacher. Im Gegenteil, die Verfolgung hat sich aufgrund der im Mai anstehenden Präsidentenwahl noch verschärft. Die vergangenen zwei Monate waren durch eine weitere Serie willkürlicher Verhaftungen gekennzeichnet, bei denen Journalisten das Recht auf ein faires Verfahren vorenthalten wurde, was gegen iranisches Recht verstößt und einen eklatanten Verstoß gegen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und gegen den Internationalen Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte darstellt.

Der Blogger Baran Mehdi Khazali wurde am 5. Februar das achte Mal seit 2009 verhaftet, nachdem er öffentlich das Regime in Interviews für Voice of America und DorTV kritisiert hatte. … Khazali, der gegenwärtig im Teheraner Evin-Gefängnis in Haft ist, wurde 2011 zu 14 Jahren Haft verurteilt.

Zeniab Karimian, eine Journalistin, die eine Sendung auf dem 3. TV-Kanal des Iran moderiert, sowie Saleh Deldam, ein junger Filmemacher, wurden am 23. Januar von Männern in zivil in ihren Wohnungen verhaftet und an einen unbekannten Ort gebracht. Seitdem haben ihre Familien nichts mehr von ihnen gehört.

Tahereh Riahi, Redakteurin für soziale Themen bei Borna News, wurde am 27. Dezember an ihrem Arbeitsplatz verhaftet und wird in Block 209 des Evin-Gefängnis in Einzelhaft gehalten. Informationen zufolge, die ROG zugegangen sind, ist sie aktuell in einem sehr schlechten physischen und psychischen Zustand.

Haft oder Peitschenhiebe

Inhaftierung ist nicht die einzige Methode, um Journalisten zum Schweigen zu bringen. Gemäß dem islamischen Strafrecht kann auch körperliche Züchtigung angewandt werden. Zu den verschiedenen Strafen, die den Richtern zur Verfügung stehen, zählen Auspeitschung, Steinigung, Folter und Tod. Gemäß den Artikeln 609 und 698 steht auf das Kritisieren von Regierungsvertretern oder Veröffentlichen von Falschinformationen die Strafe von 74 Peitschenhieben. Diese Strafe, obwohl sie unmenschlich, entwürdigend und primitiv ist, wurde in den vergangenen zehn Jahren häufig angewandt. … Seit 2009 wurden nicht weniger als 40 Journalisten und Laienjournalisten zu insgesamt 2000 Peitschenhieben verurteilt.

Der Trend, diese grausame und entwürdigende Strafe einzusetzen, ist in letzter Zeit weiter gewachsen. Im Jahr 2016 wurde der Journalist und Filmemacher Kaivan Karimi zu 223 Peitschenhieben verurteilt, der Journalist Mohammad Reza Fathi zu 459 Peitschenhieben und der Herausgeber der Shahrood News Website, Mostafa Sharif, zu 40 Peitschenhieben.

Die Herausgeber der Webseiten Gilan Novin und Gilan Noo, Mostafa Brari und Arash Shoa Shargh, wurden Ende des vergangenen Monats zu 114 bzw. 40 Peitschenhieben verurteilt. In ihrem Fall wurde die Strafe noch nicht vollstreckt. Dafür erhielt Hossein Movahedi, Journalist der Website Najafabad News, am 4. Januar 40 Peitschenhiebe – weil er angeblich Falschinformationen verbreitet hatte.

In der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen befindet sich der Iran auf Rang 169 von 180 Ländern.