Politische Gefangene schreibt Brief über Haftbedingungen und Menschenrechtsverletzungen
Die inhaftierte Menschenrechtsaktivistin Golrokh Iraie schrieb aus dem Frauentrakt im Evin-Gefängnis
einen Brief über die fehlende Unabhängigkeit, ja Parteilichkeit der Gefängnisstrukturen und die unmenschliche Behandlung von politischen Gefangenen. Hier Auszüge daraus:
“Weil kein Beamter der Islamischen Republik gemäss seiner Stellung in der Regierung arbeitet, überschreiten auch die Gefängnisbehörden ihre ausdrücklichen Befugnisse . . .
Wir erleben, wie Gefängnischefs sich ständig an den Akten der politischen Gefangenen zu schaffen machen und auf alle möglichen Arten versuchen, politische Aktivisten zu stören, statt sich um die Angelegenheiten des Gefängnisses und der Gefangenen zu kümmern. Der Chef des Evin-Gefängnisses ist da keine Ausnahme. Er ist unter dem Namen Tschaharmahali bekannt und begegnet den Überzeugungen der politischen Gefangenen mit feindseligen Massnahmen . . . Mein Mann Arasch Sadeqi ist ein Opfer der feindseligen Behörden im Evin-Gefängnis. Er wurde zu einem anderen Gefangenen verlegt, weil er sich nicht beugen und ihren Forderungen nachkommen wollte.
Trakt 350 und der Frauentrakt im Evin-Gefängnis liegen direkt nebeneinander. Seit einem Monat schikanieren sie die Gefangenen in Trakt 350 auf alle mögliche Arten, um sie endlich zu zwingen, dass sie sich freiwillig verlegen lassen . . . Sie haben im Trakt 350 angekündigt, die Gefangenen sollten sich bereithalten zur Verlegung in die Quarantäne in Trakt 4 von Evin. Die Bedingungen dort sind miserabel, es gibt keinen Ausgang im Freien . . .
Das Ausmass willkürlicher Macht, die die Gefängnisbehörden ausüben, und ihre Feindseligkeit politischen Gefangenen gegenüber ist derart, dass im allgemeinen medizinische Unterlagen aus dem Krankenhaus, die Krankengeschichten von politischen Gefangenen enthalten, nach kurzer Zeit aus den Akten entfernt werden. Wenn es ihren Familien nicht gelingt, bestimmte Unterlagen vom Krankenhaus zu bekommen, dann bestreiten die Gefängnisbehörden, dass der Gefangene krank ist, und verhindern jede weitere ärztliche Behandlung.
Seitdem Sanktionen verhängt wurden, die zu Budgetkürzungen im Gefängniswesen geführt haben, überlassen sie es den Gefangenen, wie sie mit der Geldknappheit zurechtkommen. Anstatt den Bedarf der einzelnen Trakte, normal oder politisch, zu decken, sagen sie nur: “Wir haben keine Mittel.” “
Die Menschenrechtsaktivistin Golrokh Ebrahimi Iraie ist die Frau des politischen Gefangenen Arasch Sadeghi. Sie wurde am 13. September 2014 verhaftet. Dann, im April 2015, wurde sie wegen Blasphemie und Verbreitung von regierungsfeindlicher Propaganda zu 6 Jahren Gefängnis verurteilt. Sie verbüsst zur Zeit ihre Strafe im Frauentrakt des Evin-Gefängnisses.