Kurzbericht: Größte Protestwelle gegen die Diktatur im Iran seit 2009

Kurzbericht: Größte Protestwelle gegen die Diktatur im Iran seit 2009

Mutige Bürgerproteste für Freiheit, Menschenrechte, Demokratie und soziale Gerechtigkeit

Trotz grausamer Unterdrückung und Massenverhaftungen: Proteste im Iran dauern an

Die mutigen Bürgerdemonstrationen gegen die Diktatur im Iran dauern an. Das Regime mobilisiert alle verfügbaren militärischen Truppen, um die Proteste gewaltsam niederzuschlagen. Die Zahl der Verhaftungen steigt weiter.

05.01.2018 – Im Iran demonstrieren die Menschen mit großem Mut weiter für das Ende der islamistischen Diktatur. Mit ihren legitimen Protesten fordern die Demonstranten soziale Gerechtigkeit, Freiheit, Menschenrechte, Demokratie, die Freilassung der politischen Gefangenen und das Ende der Einmischungen des Teheraner Regimes in Ländern wie Syrien und dem Libanon.

Immer mehr Menschen im Iran machen ihrer Wut über die jahrzehntelange Unterdrückung und die Unrechtsherrschaft mit den Straßenprotesten Luft. Videos von den jüngsten Demonstrationen zeigen, dass sie den Sturz der Machthaber fordern. Auch in Ghom, dem religiösen Zentrum des Landes, gingen Tausende auf die Straße und riefen „Wir wollen keine islamische Republik!“ – eine Absage an die fundamentalistische Mullah-Diktatur.

Um das Ausmaß der Proteste zu verschleiern, hat das Regime das Internet zum Teil abgeschaltet oder verlangsamt. Einige von Aktivisten genutzte Plattformen in sozialen Medien wurden ganz blockiert. Dennoch findet man im Internet täglich aktuelle Berichte über neue Protestmärsche. In sozialen Medien zeigen Aktivisten, Blogger und Journalisten täglich Videos von neuen Kundgebungen, wo Menschen lautstark das Ende des Regimes und die Absetzung des obersten Regimeführers fordern. In über 70 iranischen Städten sind bereits zehntausende Menschen auf die Straße gegangen.

Während die iranischen Staatsmedien die Bürgerdemonstrationen verschweigen oder behaupten, die seien beendet, mobilisiert das Regimes alle seine paramilitärischen Milizen und militärischen Truppen, um die Proteste gewaltsam niederzuschlagen. Berichten zufolge sollen sogar afghanische Söldner, die bereits in Syrien für die iranischen Revolutionsgarden gekämpft haben, gegen die Demonstranten im Iran eingesetzt werden.


Eine Studentin nach einem Tränengas-Angriff auf dem Gelände der Universität Teheran

Irans Armeechef droht den Demonstranten

Irans Armeechef Abdulrahim Mussawi hat am 4. Januar gedroht, das Militär gegen die Demonstranten in seinem Land einzusetzen. Die iranische Armee stehe nach seinen Angaben zur Niederschlagung weiterer Proteste bereit. Er bezeichnete die Demonstranten als „vom Teufel verführt“.
Die Revolutionsgarden, das Haupt-Unterdrückungsorgan des Regimes, haben nach eigenen Angaben Einsatzkräfte in drei Provinzen des Landes geschickt. Der Oberkommandierende Dschafari sagte am 4. Januar in Teheran, seine Truppen würden den Protesten in Hamadan, Isfahan und Lorestan ein Ende setzen.

Paramilitärische Regime-Milizen und Revolutionsgarden setzen zunehmend auch Schusswaffen ein und schießen wahllos in die Ansammlungen von friedlichen Demonstranten. Inzwischen wird von 45 Demonstranten berichtet, die während der letzten Woche von Regimetruppen erschossen oder zu Tode geprügelt wurden.

Massenverhaftungen – EU-Bürger unter den Festgenommenen

Im ganzen Land kommt es zu willkürlichen Massenverhaftungen. Bisher wurden weit über tausend Menschen festgenommen. Das Regime behauptet, die Bürgerproteste seien „vom Ausland organisierte Verschwörungen“, und den Verhafteten drohen hohe Strafen wegen Beteiligung daran. Unter dem Teheraner Regime können sog. „staatsfeindliche Aktivitäten“ mit dem Tode bestraft werden.

Offiziellen Angaben zufolge ist unter den Festgenommenen auch ein EU-Bürger, der in der Stadt Borudscherd im Westen des Landes in Haft ist. Der Justizchef der Stadt erklärte, der Mann sei „von europäischen Geheimdiensten ausgebildet und nach Borudscherd entsandt worden, um dort Proteste zu leiten“. Es blieb unklar, aus welchem Land der Mann stammt und ob er eventuell auch die iranische Staatsangehörigkeit besitzt.

Iranische Menschenrechtler haben erneut an die Weltgemeinschaft appelliert, sich an die Seite der Bevölkerung im Iran zu stellen. Die UNO müssen wirksame Maßnahmen ergreifen, damit die Gewalt gegen die friedlichen Demonstranten aufhört. Das Recht der Menschen im Iran auf Versammlungs-, Meinungs- und Redefreiheit müsse verteidigt werden.

Amnesty International: Die brutale Unterdrückung der Bürgerproteste im Iran muss aufhören!

Mehr als 1000 Menschen wurden in den letzten sieben Tagen im Iran in Gefängnisse gesperrt worden, wo Folter ein übliches Mittel ist, um Dissidenten zu bestrafen und zu Geständnissen zu zwingen.

05.01.2018 – Amnesty International hat am 4. Januar darauf hingewiesen, dass die Unterdrückung der Bürgerproteste im Iran sich in alarmierender Weise verschärft. Die Menschenrechtsorganisation forderte die iranischen Machthaber auf, das Recht auf friedliche Proteste zu achten. Sie forderte außerdem die Untersuchung von Berichten, nach denen Sicherheitskräfte ungesetzlich gehandelt und Schusswaffen gegen unbewaffnete Demonstranten eingesetzt haben. Hunderte inhaftierte Menschen müssten vor Folter und anderen Misshandlungen geschützt werden.

Wenn Sicherheitskräfte Schusswaffen gegen unbewaffnete Demonstranten einsetzen, so Philip Luther, Nahost-Experte bei Amnesty International, stelle das eine Verletzung der internationalen Menschenrechtsverpflichtungen des iranischen Regimes dar. Die Tötungen von Demonstranten müssten unabhängig untersucht werden, und alle, die für die exzessive Gewalt gegen die Teilnehmer der Proteste verantwortlich seien, müssten strafrechtlich verfolgt werden.

Hunderte Menschen in Foltergefahr

Mehr als 1000 Menschen seien in den letzten sieben Tagen in Gefängnissen eingesperrt worden, die für Folter berüchtigt seien, so Amnesty International. Viele verhaftete Demonstranten hätten keinen Zugang zu Familienangehörigen oder Anwälten.

Die iranischen Machthaber seien bekannt für willkürliche Massenverhaftungen von friedlichen Demonstranten, so Philip Luther. Die derzeitige Verhaftungswelle sei alarmierend, und es sei wahrscheinlich, dass viele der Verhafteten friedliche Demonstranten seien, die willkürlich festgenommen wurden und jetzt in Gefängnissen sitzen, wo Folter ein übliches Mittel ist, um Dissidenten zu bestrafen und zu Geständnissen zu zwingen.

Amnesty International forderte die sofortige und bedingungslose Freilassung aller, die allein wegen ihrer friedlichen Teilnahme an den Protesten oder wegen ihrer Regimekritik festgenommen wurden. Alle Inhaftierten müssten vor Folter und anderen Misshandlungen geschützt werden.

Die in den letzten Tagen zunehmenden Einschüchterungen von Demonstranten und die völlig ungerechtfertigten Restriktionen des Rechts auf Meinungsfreiheit im Internet lassen befürchten, dass die iranischen Machthaber immer härter durchgreifen werden, um die Stimmen der Dissidenten zum Schweigen zu bringen, so Philip Luther.

Viele Menschen im Iran, so Amnesty International, wollten ihr Recht auf friedlichen Protest wahrnehmen. „Anstatt dies mit Repressalien zu belegen und die Demonstranten in absurder Weise zu beschuldigen, sie wären an vom Ausland organisierten Verschwörungen beteiligt, sollten die iranischen Machthaber sich lieber mit ihrem eigenen Versagen im Bereich der Achtung von zivilen, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rechte befassen.“

Regimegewalt gegen Bürgerproteste im Iran: 30 Tote, Hunderte Verletzte

Auch Jugendliche sind unter den getöteten Demonstranten. Der 13jährige Schüler Armin Sadeghi wurde am 1. Januar während eines Protestmarsches in der Stadt Khomeynishahr von Regime-Milizen erschossen.

03.01.2018 – Berichten von iranischen Menschenrechtsverteidigern zufolge wurden im Iran seit Beginn der landesweiten Bürgerproteste mindestens 30 Demonstranten getötet und Hunderte verletzt. Das Regime reagiert mit Gewalt und Repression auf die berechtigten Proteste der Menschen, die das Ende der islamistischen Diktatur und Freiheit und Menschenrechte im Iran fordern.

Paramilitärische Regime-Milizen und Revolutionsgarden werden eingesetzt, um die Proteste niederzuschlagen. Sie setzen zunehmend auch Schusswaffen ein und schießen wahllos in die Ansammlungen von friedlichen Demonstranten.

Der 13jährige Schüler Armin Sadeghi (Bild) wurde am 1. Januar während eines Protestmarsches in der Stadt Khomeynishahr von Regime-Milizen erschossen. Der Bildungsminister des Regimes bestätigter, dass mindestens zwei Jugendliche bei den Protesten getötet wurden.

Allein am 2. Januar wurden aus der Stadt Ghahdirijan in der zentraliranischen Provinz Isfahan 10 tote Demonstranten gemeldet. Weitere Tote gab es in den Städten Doroud, Izeh, Toysirkan, Shahin-Shahr, Hamedan, und Nourabad. Der Gouverneur der Stadt Izeh in der südwestiranischen Provinz Khusistan sprach von „mehreren Toten und Verletzen innerhalb der letzten Tage“.

Hamzeh Lashani wurde am 30. Dezember in der Stadt Doroud in der westiranischen Provinz Lorestan während einer Demonstrantin erschossen. Er hinterlässt eine Frau und einen vierjährigen Sohn (Bild).

Von den Machthabern in Teheran werden die Demonstrationen als „Krawalle und Vandalismus“ abgetan. Sie versuchen, die Proteste mit brutaler Gewalt, Drohungen und Massenverhaftungen zu unterdrücken. Landesweit wurden bereits weit über 1000 Menschen festgenommen. Die Revolutionsgarden haben gedroht, man werde mit „harten Schlägen antworten“, wenn die Proteste nicht aufhörten.

Iranische Menschenrechtsverteidiger haben erneut an die Weltgemeinschaft appelliert, sich dafür einzusetzen, dass die Gewalt gegen die friedlichen Demonstranten im Iran aufhört.

Bürgerproteste im Iran: Weltgemeinschaft verurteilt repressives Vorgehen des Teheraner Regimes

„Aus Sicht der Bundesregierung ist es legitim und verdient Respekt, wenn Menschen ihre wirtschaftlichen und politischen Anliegen couragiert in die Öffentlichkeit tragen. Dies geschieht derzeit im Iran.“

04.01.2018 – Während die Bürgerproteste gegen die fundamentalistische Diktatur im Iran anhalten, berichten Menschenrechtsverteidiger, dass Regime-Milizen zunehmend gewaltsam gegen die Demonstranten vorgehen. Inzwischen wird von 45 Demonstranten berichtet, die während der letzten Woche von Regimetruppen erschossen oder zu Tode geprügelt wurden. Im ganzen Land kommt es zu willkürlichen Massenverhaftungen. Vor dem Teheraner Evin-Gefängnis und anderen Gefängnissen des Landes versammeln sich immer wieder Menschenrechtler und Familienangehörige, die die Freilassung der Verhafteten fordern.

Menschenrechtsorganisationen, die Vereinten Nationen und Regierungen haben das repressive Vorgehen des Teheranern Regimes gegen die legitimen Bürgerproteste verurteilt.

Bundesregierung fordert Achtung der Versammlungs- und Meinungsfreiheit

Die Bundesregierung erklärte am 3. Januar, sie beobachte die eskalierende Gewalt im Iran mit Sorge, insbesondere die Berichte über Todesopfer und zahlreiche Verhaftungen. „Wir rufen die Regierung in Teheran dazu auf, die Versammlungs- und Meinungsfreiheit zu achten“, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Demmer.

Aus Sicht der Bundesregierung sei es legitim und verdiene Respekt, wenn Menschen ihre wirtschaftlichen und politischen Anliegen couragiert in die Öffentlichkeit tragen, so Demmer. Dies geschehe derzeit im Iran.

Die iranische Regierung, so die Regierungssprecherin weiter, solle „auf die aktuellen Proteste mit der Bereitschaft zum Dialog reagieren“. Würden Einzelne die Proteste für Gewalttaten missbrauchen, sollte der Staat darauf verhältnismäßig und mit rechtsstaatlichen Mitteln reagieren.

Hoher Menschenrechtskommissar der UNO erschüttert über Berichte, nach denen mehr als 20 Menschen, darunter ein 11-jähriger Junge, getötet wurden

Der Hohe Menschenrechtskommissar der UNO, Zeid Ra’ad Al Hussein (Bild), forderte die iranische Führung am 3. Januar auf, die Gewalteskalation nicht weiter voranzutreiben und alle Fälle von getöteten und schwer verletzen Demonstranten zu untersuchen. Er sei erschüttert über Berichte, nach denen mehr als 20 Menschen, darunter ein 11-jähriger Junge, getötet und hunderte Demonstanten festgenommen wurden. Die iranische Führung müsse die Rechte aller Demonstranten und Verhafteten, darunter ihr Recht auf Leben, achten und ihre Sicherheit gewährleisten.

Der Hohe Menschenrechtskommissar der UNO betonte, dass die Bürger, die im Iran auf die Straße gehen, um ihre Unzufriedenheit zum Ausdruck zu bringen, das Recht hätten, gehört zu werden. Ihre Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit müssten voll und ganz geachtet werden.

Zeid Ra’ad Al Hussein forderte außerdem die Freilassung aller Personen, die allein wegen ihrer Beteiligung an friedlichen Protesten festgenommen wurden. Friedliche Proteste dürften nicht kriminalisiert werden. Sie seien ein legitimer Bestandteil der Demokratie.

Bereits am 2. Januar hatte UNO-Generalsekretär António Guterres durch einen Sprecher mitteilen lassen, dass er die Proteste im Iran sorgfältig beobachte. Die UNO bedauere den Verlust von Menschenleben und hoffe, dass weitere Gewalt vermieden wird. Das Recht der Menschen im Iran auf friedliche Versammlungen und Meinungsäußerungen müsse respektiert werden.

EU: Das Recht auf freie Meinungsäußerung muss auch im Iran gelten

Die EU-Außenbeauftragte Mogherini erklärte am 2. Januar, die Europäische Union verfolge die anhaltenden Demonstrationen in Iran, die zunehmende Gewalt und den nicht hinnehmbaren Verlust von Menschenleben mit großer Aufmerksamkeit. Das Recht auf friedliche Demonstrationen und das Recht auf freie Meinungsäußerung seien Grundrechte, die in jedem Land gelten, auch in Iran. Die EU erwarte von allen Beteiligten, dass sie auf Gewalt verzichten und das Recht auf freie Meinungsäußerung achten.


Teheran: Studenten protestieren gegen Unrecht und Unterdrückung